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Mit dem Auto unterwegs

von Hagen Quasdorf

Formalitäten vor der Abreise

Zunächst unterscheiden sich die notwendigen Papiere nicht von denen per Flugzeug oder Zug reisender Personen. Für den Zeitraum der Reise ist ein Visum und für dieses eventuell eine Einladung nötig. Dies besorgt man sich am besten über ein auf Rußland - Reisen spezialisiertes Reisebüro. Da die Wahrscheinlichkeit unvorhergesehen und unfreiwillig längere Zeit in Rußland zuzubringen, Stichwort: Pannen und Unfälle, mit einem eigenen Fahrzeug größer ist, sollte das Visum einige Wochen länger gültig sein, als die geplante Urlaubszeit. Auf dem Visum wird vermerkt, daß ihr mit eigenem Fahrzeug unterwegs seit. Ansonsten gibt es keine Unterschiede.

Grenze

Am unproblematischsten scheint die Einreise über Finnland. Man spart sich dabei das ganze Grenz - Theater in Weißrußland, der Ukraine oder den baltischen Staaten. Alles reduziert sich auf eine Grenze. An der Grenze müßt ihr zunächst die übliche Zolldeklaration ausfüllen. Das Formular gibt es auch in englischer Sprache und kann auch in dieser ausgefüllt werden. Auf der Rückseite wird dort auch euer Fahrzeug mit allen Daten aufgenommen. Nach der Paßkontrolle und einer Überprüfung des Fahrzeugs und Gepäcks, bekommt ihr zwei Dokumente. Zunächst ist da die Zolldeklaration die ihr bei der Ausreise wieder vorlegen müßt. Das zweite Dokument ist auch während eurer Tour sehr wichtig. Es ist ein Zoll Dokument das euch berechtigt mit dem eingeführten Fahrzeug in Rußland zu fahren. Dieses Dokument wird aber prinzipiell nur für 2 Monate ausgestellt, unabhängig von der Dauer eures Visums. Vor Ablauf der 2-Monate Frist müßt ihr dieses Dokument beim Zoll verlängern. Dies geht in jeder größeren Stadt. Solltet ihr diese Frist überschreiten, droht eine Beschlagnahme des Fahrzeugs. Die Strafe für dieses vergehen beträgt 100% des Fahrzeugwertes, es besteht aber Ermessensspielraum. Die Bearbeitungszeit beträgt normalerweise einen Monat. Ich selbst habe 1 Woche auf einem Zollhof zugebracht und bin mit viel Glück und Unterstützung der Zollmitarbeiter mit einem blauen Auge davon gekommen. Auch die Botschaft kann euch in diesem Fall nicht helfen.

Straßenkontrollen

Straßenkontrollen der DPS (früher GAI) finden sich an vielen strategischen Punkten wie Stadtein - und Ausfahrten, Brücken und großen Kreuzungen. Als Ausländer wird man natürlich des öfteren angehalten. Die gefragtesten Dokumente sind Paß, Führerschein, Fahrzeugschein und Zoll Dokument für das Fahrzeug. Die Kenntnis der Polizisten ist recht unterschiedlich. Die Forderung nach einer Aufbesserung des Gehaltes wird an Straßenkontrollpunkten recht selten gestellt. Teilweise wird die Vorlage russischer Dokumente bzw. Übersetzungen verlangt. Da dies aber nicht notwendig ist, besteht kein Grund sich von Geld zugunsten des Polizisten zu trennen. Nach einigen Minuten ist meist alles in Butter. Teilweise werden Straßen an Kontrollpunkten in der Nacht geschlossen.

Polizei

Die Miliz ist besonders im europäischen Teil extrem präsent. Aller weniger Kilometer steht ein Streifenwagen am Straßenrand. Zumeist werden Radarkontrollen durchgeführt, auch Überholverbote werden recht stark überwacht. Im Gegensatz zu ihren Kollegen an den DPS - Kontrollpunkten scheint die Miliz chronisch unterbezahlt zu sein. Einmal angehalten hat man zwei Möglichkeiten: zum einen wäre da die Masche "ich verstehe gar nix", die nach etwa 10-30 Minuten zum Ziel, das heißt zur kostenlosen Weiterfahrt führt. Die zweite Variante ist die eher russische, man steckt dem Polizisten 100 Rubel oder 2-3 Dollar zu und fährt weiter. An schlechten Tagen kann dies aber recht teuer werden.

Regeln

Im Prinzip gibt es kaum Unterschiede zu deutschen Verkehrsregeln. Da Regeln das eine und russische Autofahrer das andere sind, hier einige Hinweise zu Gepflogenheiten im russischen Verkehr.Zunächst kennt man gegenüber seinem fahrbaren Untersatz keine Gnade. Schlechte Straßen, dichter Verkehr, Dunkelheit, kaputte Stoßdämpfer, alles egal, es wird immer Anschlag gefahren. Fußgänger und Radfahrer sind bei dieser Mission nur Hindernisse. Entsprechend werden diese Leute behandelt. Um nun noch etwas schneller vorwärts zu kommen, werden Standstreifen (auch Schotter) gern als Überholspur benutzt. Auch Ampeln scheinen den Verkehr nur unnötig aufzuhalten. Damit auch jeder ganz weit vorne mitfährt, wird gern eine dritte, vierte oder gar fünfte Spur eröffnet. In der Dämmerung und teils auch Nachts fahren russische Autofahrer gern ohne oder nur mit Standlicht. Angesichts dieser Fahrweise und des oft schlechten Straßenzustandes kann ich von Nachtfahrten nur dringend abraten. Bei Unfällen muß prinzipiell die Miliz gerufen werden, bis zum Erscheinen dieser darf auch nichts am Unfallort verändert werden.Eine wichtige gesetzliche Regelung möchte hier noch erwähnen. Das Fahren eines Fahrzeugs ist nur dem Halter oder einer anderen Person in Begleitung des Halters erlaubt. Die Strafe bei Mißachtung dieses Gesetzes beträgt bis zu 200% des Fahrzeugwertes.

Treibstoff

Die Benzin und Dieselversorgung ist heute kein Problem. In vielen Gebieten wachsen Tankstellen wie Pilze aus dem Boden. Auf den wichtigsten großen Straßen, also M10, M52, usw. gibt es spätestens aller 200km einen Tankstelle. Diesel, 76 (80) Oktan Benzin und 92 Oktan Benzin (bei uns Normal) gibt es dort immer. Für 95 Oktan Benzin (bei uns Super) sollte man eine Reichweite von min. 500km und für 98 Oktan Benzin (bei uns Super Plus) von 1.000km einplanen. In entlegeneren Gebieten gibt es meist nur Diesel und 76 (80) Oktan Benzin, seltener 92 Oktan.

Preise im Sommer 2003:
Diesel 8,00 bis 10,00 Rubel je Liter
Benzin 76 (80) Oktan 8,00 bis 10,00
Benzin 92 Oktan 10,00 bis 12,00
Benzin 95 Oktan 11,50 bis 13,50
Benzin 98 Oktan 13,00 bis 15,00

Ersatzteile

Ersatzteile für russische Fahrzeuge gibt es auch in etwas abgelegeneren Gebieten. Ansonsten sind japanische Fahrzeuge sehr verbreitet. Deutsche Autos kommen in größeren Stückzahlen nur im europäischen Teil Rußlands vor, entsprechend ist das Ersatzteilangebot. Generell gibt es bei älteren, ausländischen Fahrzeugen Probleme bei der Ersatzteilversorgung. Da Motorräder, ausgenommen russische, Raritäten auf den Straßen sind, ist das Ersatzteilangebot entsprechend schlecht.

Straßenzustand

Der Straßenzustand kann je nach Region sehr unterschiedlich sein. Er reicht von deutschem Autobahnniveau bis Feldweg/Schotterpiste auch auf Fernverkehrsstraßen. Trotzdem sind die meisten Gebiete auch mit einem PKW erreichbar. Bei der Suche nach einem Übernachtungsplatz abseits der Straße gerät man damit allerdings schnell an Grenzen. Obwohl die meisten Fernverkehrsstraßen und die Straßen in den Städten asphaltiert sind, so ist doch stets volle Konzentration gefragt. Abgrundtiefe Schlaglöcher und fehlende Schleusendeckel können sich immer und überall vor einem auftun.

Versicherung

Seit Anfang 2003 ist für russische Autofahrer eine Haftpflichtversicherung obligatorisch. Da die grüne Versicherungskarte einer deutschen Versicherung nicht gilt, ist eine separat abzuschließende Versicherung ratsam. Obwohl dies meiner Erfahrung nach an der Grenze nicht gefordert wird. Eine Möglichkeit ist der Abschluß einer solchen Versicherung in Deutschland, die andere der Abschluß in Rußland. Ich habe für einen Mitsubishi L300 Allrad in Rußland 80 Euro für 4 Monate bezahlt.

Fahrzeugwahl und Ausrüstung

Empfehlenswert sind natürlich in Rußland gebräuchliche Autos. Dazu zählen Toyota Landcruiser besonders HDJ80/100 nicht die HZJ Modelle, sowie HiAce, LiteAce und HiLux, Mitsubishi Pajero und L300, Nissan Patrol und Terrano, Subaru. Kaum anzutreffen sind VW Bus und Landrover. Zur gesetzlich geforderten Ausrüstung zählt neben dem Verbandkasten auch ein Feuerlöscher. Ein langer Bergegurt, Spaten und ein guter Wagenheber sind genau so wichtig wie ein besser zwei Ersatzräder. Um in entlegenen Gebieten im Fall eines Defekts nicht gleich laufen zu müssen empfehle ich außerdem die Mitnahme von ausreichend Motoren- und Getriebeöl, sowie Brems- und Kühlflüssigkeit. Je ein Öl- und Luftfilter, sowie ausreichend Werkzeug im Gepäck ist ebenfalls von Vorteil, da Werkstätten teilweise recht schlecht ausgerüstet sind.

Diebstahl

Da die unentgeldliche Überlassung eines Fahrzeugs nicht bei allen Beteiligten Freude verbreitet, sollte man sein Auto nur kurzzeitig unbewacht irgendwo abstellen. In Städten gibt es bewachte Parkplätze (Avtostojanka) für etwa 40 Rubel pro Nacht. Auf dem Land sollte man Einheimische um eine Unterstellmöglichkeit fragen. Alarmanlagen gehören in Rußland zum Auto wie die 4 Räder. Selbst alte, klapprige Ladas haben so ein jaulendes Ding, ob dies allerdings vor echten Profis schützt wage ich zu bezweifeln.

 

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Artikel geändert:
30 Jan 2006

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